Die Böhler Werkskapelle war wie bereits eingangs erwähnt immer auch Zeitzeuge bei geschichtsträchtigen Ereignissen in der Region. Die Eröffnung des Düsseldorfer Rheinufertunnels 1995, die Einweihung der neuen A44 Brücke zwischen Meerbusch und der Landeshauptstadt im Jahr 2002 und die abgeschlossene Renovierung des Meerbuscher Rathauses in Büderich im gleichen Jahr wurden von Musik und Marschiershows der Werkskapelle umrahmt.

Kurz vor dem Millennium gründete das Sinfonische Orchester Böhler eine neue Tradition. Neben dem mittlerweile traditionellen Frühschoppenkonzert im Bürgersaal fand am 20. November 1999 zum ersten Mal ein Herbstkonzert im Forum Wasserturm in Meerbusch Lank statt. Seit jeher sind diese Konzert ein immer wiederkehrendes musikalisches Highlight im Meerbuscher Konzertkalender. Wechselnde Themen, moderne Titel, ausgesuchte Solistinnen und Solisten und ein buntes Rahmenprogramm sorgen beim Publikum stets für große Beliebtheit. Im jährlichen Rhythmus erwartete die Zuschauer nun jeweils ein Programm mit großen klassischen Kompositionen und ein heute sogenannter „Evening Of The Stars“ mit Gesangseinlagen, Popularmusik und Showprogramm.

Da seit den 2000er Jahren neben den klassischen Konzertauftritten immer mehr Schützenfeste auf dem Programm standen, kündigten sich auch personelle und hierarchische Änderungen im Kapellengefüge an. Nach militärischem Vorbild wurde das Amt des Spießes in den Reihen der Böhleraner eingeführt. Auch wenn dieser, anfangs noch ironisch Ästhetikwart genannt, zu Beginn für kontroverse Diskussionen auf den Versammlungen sorgte, garantiert der Spieß heute ein meist tadelloses Auftreten der vielen Musikerinnen und Musiker auf der Straße. Mit dem stärkeren Fokus auf die „Musik in der Bewegung“ und neu eingeübten Marschiershows stellte sich die Werkskapelle auch dem internationalen Vergleich. Auf den „Days of music“ im niedersächsischen Rastede traten die Böhleraner erstmals zu einem Marschierwettbewerb an. Auch hier ist die Rückkehr zum Wettbewerb in den kommenden Jahren geplant.

Im Jahr 2017 erwartete die Kapelle ein optisches Update. Nach einigen Jahren und vielen Neuzugängen war es wieder an der Zeit für neue Uniformen. Der Schriftzug „Werkskapelle Böhler“ prangt seit dem gut sichtbar auf der Mütze der Musiker, das stahlblau dominiert die Farbe des Uniformrockes und die roten Krawatten sowie rot abgesetzte Revers sorgen für einen farblichen Wiedererkennungswert auf den Umzügen der Region. Pünktlich für einen besonderen Auftritt, waren die Musikerinnen und Musiker also frisch eingekleidet. Die weltbekannte „Tour de France“ machte 2017 auch in Meerbusch-Büderich Station. Nach dem „Grand Départ“ in der Landeshauptstadt erwarteten die Meerbuscher die Rennradler auf der Meerbuscher Dorfstraße. Die Werkskapelle Böhler hatte die große Ehre vor den Fernsehkameras und einer Vielzahl von begeisterten Zuschauern mit einer Marschiershow das Sportevent musikalisch einzuleiten.

Im Jahr 2018 öffnete sich die Werkskapelle Böhler in seiner sinfonischen Formation als Projektorchester. Die Idee dahinter war es, motivierte Musikerinnen und Musiker aus allen Registern, die vereinslos sind, für eine Konzertsaison am Orchesteralltag teilhaben zu lassen. Ohne sofortige Verpflichtungen und Verträge konnten so neu Zugezogene, Vereinswechsler oder „Hobby-Wiederentdecker“ bei entsprechender Eignung ohne große Hürde im Orchester mitspielen und das Konzert mitgestalten. Für die Mitgliedersuche war dieses Konzept eine wegweisende Entscheidung. Nicht selten folgte auf eine einmalige Teilnahme als Projektmusiker die erneute Anmeldung oder der Eintritt als festes Mitglied in den Verein. Bis heute hat die Idee des Projektorchesters Bestand und wird jährlich zahlreich genutzt.

Im Rhythmus der Herbstkonzerte stellte der „Evening Of The Stars“ im Jahr 2018 ein besonderes Highlight dar. Nach externen Veranstaltungsorten im Forum Wasserturm in Lank-Latum und dem Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf-Golzheim, war das Sinfonische Blasorchester Böhler mit dem Herbstkonzert schon seit einigen Jahren wieder nach Hause ins Werk gekommen und durfte die Gäste im geschichtsträchtigen Kesselhaus begrüßen. Vor der beeindruckenden Kulisse des Kesselhauses hatte sich das Organisationsteam für das Konzert etwas ganz besonderes überlegt. Im Stile einer glamourösen Oscar-Verleihung wurde der Preis „Das stählerne B“ ins Leben gerufen, die musikalischen Titel wurden von Einspieler, Live-Schalten und einer umfassenden Moderation gerahmt. So mimten Orchestermitglieder Filmlegenden, Regisseure und Schauspielerinnen und sorgten für ein Konzerterlebnis mit Show-Effekt.

Eine besondere Herausforderung stellte dann die plötzlich aufkommende Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 dar. Das Vereinsleben wurde durch die nötigen Einschränkungen immer mehr eingefroren, Schützenfeste brachen ersatzlos weg, an Konzerte war lange Zeit nicht zu denken. Die Absagen zweier aufeinanderfolgender Herbstkonzerte riss ein schmerzhaftes Loch in den traditionellen Jahreskalender. Die Musikerinnen und Musiker der Kapelle waren auf Online-Proben mit Video-Konferenzen und Treffen mit maximalem Abstand angewiesen. Es ist dem Engagement und dem Zusammenhalt der vielen Mitglieder zu verdanken, dass während der Corona-Krise trotzdem Vereinsleben stattfand, Videos, Musikaufnahmen produziert und publiziert wurden und die Kapelle auch öffentlich weiter präsent bleiben konnte.

Nicht erst die Corona-Zeit sorgte für einen immer aktiveren karikativen Charakter der Kapelle. In unserer Stellung als großer Verein, der in der Heimat verwurzelt ist, war und ist es uns stets ein Anliegen, immer auch etwas zurückgeben zu können. So haben in den letzten Jahren Benefizkonzerte für den guten Zweck einen festen Stellenwert im Jahreskalender der Kapelle. Ob in enger Kooperation mit befreundeten Schützenbruderschaften und Musikvereinen oder eigeninitiativ an Festtagen – hier können wir die musikalische Begeisterung und das gesellschaftliche Engagement verbinden und gemeinsam mit dem Publikum immer wieder etwas Gutes tun.

In gleichem Maße fühlt sich die Kapelle, deren Großteil der Mitglieder aus dem nahen lokalen Umfeld stammt, besonders mit der Meerbuscher und Düsseldorfer Heimat verbunden. So ist die St. Sebastianus Schützenbruderschaft mit dem Bundestambourcorps Rheintreue 1909 und dem Bundesfanfarencorps Büderich 1968 seit Jahrzehnten die brauchtumsmusikalische Heimat der Werkskapelle Böhler. Nicht nur im Sommerbrauchtum ist die Werkskapelle den Büderichern verbunden, auch an hohen kirchlichen Feiertagen wie Fronleichnam, sorgen Böhleraner Musiker für den musikalischen Rahmen. Das Gasthaus Krone an der Moerser Straße in Büderich ist das traditionelle Vereinslokal der Kapelle. Hier finden Versammlungen und Veranstaltungen und auch das diesjährige Jubiläum statt und hier fühlt sich die Werkskapelle mit den wechselnden Gastgebern und Inhabern stets wohl und willkommen. Das Gasthaus ist der traditionelle Rückzugs- und Vorbereitungsort vor dem Großen Zapfenstreich im Büdericher Festzelt, aber auch Location für jährliche Partys wie beim Oktoberfest und nicht nur in Uniform beliebte Anlaufstelle für die Böhleraner.

So hat die Werkskapelle Böhler in den 90 Jahren ihrer Geschichte einen großen Wandel erlebt. Durch zeitgeschichtliche Höhen und Tiefen, kurz vor der Auflösung und in Hochzeiten der Mitgliederzahlen und Auftritte im Kalender. Verschiedene Menschen und ihre Ideen und Überzeugungen haben die Kapelle und den Verein geprägt und zu dem gemacht, was er heute ist. Getragen und unterstützt durch die Förderer und Schirmherren des Werkes Böhler steht die Werkskapelle heute als großes sinfonisches Orchester und etablierte Größe in der regionalen Brauchtumsmusik fest verwurzelt in der Meerbuscher und Düsseldorfer Heimat.

Wir pflegen Tradition – und formen die Zukunft – als Kapelle, als Verein und als Orchester mit allen Mitgliederinnen und Mitgliedern im Schatten des Kesselhauses.